Seit einem Jahr ist Christine Moser, wie sie es selbst bezeichnet, "Hausmeisterin" im "Austrian Cultural Forum New York". Als Direktorin des zum österreichischen Außenministerium gehörenden Ausstellungshauses, ist die ehemalige Diplomatin, ein wichtiger Bestandteil der Repräsentation der Republik in den Vereinigten Staaten. Der Schwerpunkt liegt auf zeitgenössischer Kunst und im fördern von jungen, kreativen Österreichern.
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Wie lange sind sie schon in New York City und warum haben Sie sich gerade diese Stadt zum Leben und Arbeiten ausgesucht?
Christine Moser: Ich bin ja eigentlich eine begeisterte Wienerin. Der Grund für meinen Aufenthalt hier hat einen Namen: "Austrian Cultural Forum New York". Es ging mir vor allem darum an dieses Haus zu kommen und nicht nur in dieser Stadt zu leben. Ich habe jetzt das erste Jahr erfolgreich absolviert und fühle mich sehr wohl hier.
Was waren Ihre persönlichen Highlights in diesen vergangenen 12 Monaten?
Wir haben ein sehr spannendes Programm das ganze Jahr über gehabt. Besonders hervorheben möchte ich unseren heurigen Schwerpunkt, das “Vienna City of Dreams Festival” mit der Carnegie Hall, den Wiener Philharmonikern und der Wiener Staatsoper. Wir waren Partner von Carnegie und haben gemeinsam über mehrere Wochen ein zeitgenössisches Programm kuratiert. Es gab Schwerpunkte von Film bis Musik und eine Ausstellung hier im Haus. Auch die Franz West “Liege” konnten wir zeigen. Sogar die New York Times und der New Yorker haben darüber ausführlich berichtet. Darauf bin ich besonders stolz.
Sie sind also schon richtig mit beiden Beinen angekommen in New York?
Moser: Das kann man durchaus so sagen, es ist eine tolle Arbeit hier. Es gibt nur ein Problem: der Tag hat leider nur 48 Stunden (lacht). Hier ist permanent Messe, man muss immer präsent sein. Es wurlt hier richtig und ist nicht immer leicht die richtigen Personen und ihre Aufmerksamkeit zu erreichen um etwa Kooperationen zu forcieren.
Es gibt ja auch extrem viel Konkurrenz in einer Stadt wie New York. Wie geht Ihr Haus damit um?
Die Konkurrenz im Bereich Kultur und Kunst ist tatsächlich riesig hier. Ich denke aber, dass Österreich sehr gut damit beraten war, dieses Haus zu schaffen. Es zeigt den Stellenwert den Kunst und Kultur bei uns hat. Die Verbindung über den Atlantik besteht ja durch Carnegie, die Metropolitan Opera und die Wiener Staatsoper schon länger. Ein gemeinsames Opernland sozusagen. Bitte auch nicht auf Salzbug vergessen. Salzburg, Wien und New York - da besteht schon eine gewisse transatlantische tour-retour Community was das Thema Kultur angeht. Ähnlich verhält es sich auch in anderen Kunstbereichen. Ich habe mir auch zum Ziel gesetzt, dass wir in diesem Haus alle Kunstrichtungen präsentieren wollen. Das ist aber natürlich auch viel mehr Arbeit. Wir organisieren Musik Events und bieten Filmregisseuren, Filmemachern aber auch Literaten wie Josef Winkler und David Schalko eine Bühne.
Wäre das ACFNY auch in Washington D.C. oder Los Angeles denkbar oder muss es New York sein?
Es muss New York sein! Ich werde auch immer wieder beneidet, dass wir hier eine Location haben und eben dieses besondere Haus. Unser Auftrag ist es aber natürlich auch die restlichen USA zu bespielen. Hier gibt es eine enge Partnerschaft mit dem Kulturforum Washington, ein kleineres Haus und Teil der österreichischen Botschaft. Auch mit dem Generalkonsulat Los Angeles arbeiten wir sehr freundschaftlich zusammen. Wir verstärken die Zusammenarbeit mit den Nordamerikanischen Vertretungsbehörden wo es geht. Die Botschaften in Ottawa, Kanada, Mexiko City, das Generalkonsulat L.A., die Botschaft in Washington D.C. sowie das Center for Austrian Studys in Minneapolis und New Orleans sind traditionell unsere Partner von der österreichischen Seite. Da schauen wir natürlich wenn ein Gast kommt, ob das vielleicht auch für Washington oder den ganzen angesprochenen Raum interessant ist. Wir hatten beispielsweise ein Event mit Stücken von vertriebenen jüdischen Komponistinnen und Komponisten. Eine wundervolle Aufführung hier im Haus sowie in der Carnegie Hall und in Mexiko City.
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Kooperationen sind also ein wichtiger Teil Ihrer tagtäglichen Arbeit?
Wir versuchen - so hat der Spardruck oft auch etwas Gutes - so viele Kooperation wie nur möglich umzusetzen. Was selbstverständlich nicht heißen soll, dass ich nicht bereit bin mehr Geld für das Haus zu bekommen (lacht).
Auch im Kunstbereich ist die Finanzierung wesentlicher Bestandteil: Wo liegen hier die Unterschiede zwischen Wien und New York?
Scharf formuliert - in den Staaten ist Kultur Business und Commercial, in Österreich ist es die öffentliche Hand die Kultur ermöglicht und zwar zu Recht. Beide Systeme sind grundverschieden und man versucht sie jetzt teilweise kompatibler zu machen. In der Finanzierung von Kunst und den damit einhergehenden Strukturen liegt somit der größte Unterschied. Geldgeber haben hier viel zu sagen. Ich vergleiche es mit dem Broadway: Früher gab es pro Stück einen Produzenten, heute stehen nach der Premiere acht bis zehn Produzenten auf der Bühne und lassen sich beklatschen. Das Ganze hat einfach riesige Dimensionen angenommen. Hier herrscht ein beinharter Wettbewerb, das ist in Europa durch Kunst- und Kulturförderung von Seiten der öffentlichen Hand anders.
Gibt es auch Kulturförderung von Seiten der Stadt New York?
Ja, die gibt es mittlerweile schon. Die Metropolitan Opera und auch viele andere Institute bekommen beispielsweise Infrastruktur Zuwendungen. Es gibt also schon auch Mischformen hier. Diese Beispiele machen aber nicht die Mehrheit aus. Viele Kultur- und Kunsteinrichtungen befinden sich in privater Hand, wie die Carnegie Hall, das New Museum oder das MOMA. Wenn man Letzeres oder das Metropolitan Museum of Art betritt, fallen einem sofort die Sponsoren Boards auf, das sind die privaten Geldgeber die das Angebot ermöglicht haben und es weiterhin ermöglichen werden.
Bei dieser starken Sichtbarkeit der Sponsoren und Geldgeber würde man in Wien wohl von der Kommerzialisierung der Kunst sprechen - was sagen Sie dazu?
Beide Formen wachsen zueinander, beide Formen haben ihre Berechtigung. Genauer gesagt, entwickeln auch wir in Österreich uns eher in die Richtung die in Nordamerika besteht. Weil es gerade so gut passt: “World Order” von Henry Kissinger ist vor Kurzem erschienen und die World Order wird hier in den USA vom "Dollar" bestimmt und zwar in einem viel größeren Ausmaß als bei uns in Europa und Österreich. Kunst ist hier Business und dem Business untersteht alles. Das hat natürlich auch seine Shortcomings und umgekehrt ist es eine tolle Angelegenheit für Künstler zu sehen, dass wir ein Budget haben, bei Events unterstützen und Ausstellungen mit freiem Eintritt anbieten können. Das finden wir großartig. Für die Businesswelt ist dieses Modell uninteressant und mutet mitunter seltsam an. Aber das ist etwas, was uns auszeichnet und um was uns viele hier in New York wirklich sehr stark beneiden.
Bei dieser starken Sichtbarkeit der Sponsoren und Geldgeber würde man in Wien wohl von der Kommerzialisierung der Kunst sprechen - was sagen Sie dazu?
Beide Formen wachsen zueinander, beide Formen haben ihre Berechtigung. Genauer gesagt, entwickeln auch wir in Österreich uns eher in die Richtung die in Nordamerika besteht. Weil es gerade so gut passt: “World Order” von Henry Kissinger ist vor Kurzem erschienen und die World Order wird hier in den USA vom "Dollar" bestimmt und zwar in einem viel größeren Ausmaß als bei uns in Europa und Österreich. Kunst ist hier Business und dem Business untersteht alles. Das hat natürlich auch seine Shortcomings und umgekehrt ist es eine tolle Angelegenheit für Künstler zu sehen, dass wir ein Budget haben, bei Events unterstützen und Ausstellungen mit freiem Eintritt anbieten können. Das finden wir großartig. Für die Businesswelt ist dieses Modell uninteressant und mutet mitunter seltsam an. Aber das ist etwas, was uns auszeichnet und um was uns viele hier in New York wirklich sehr stark beneiden.
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Sie haben vorher den starken Wettbewerb und das große Angebot angesprochen. Bedeutet ein stärkerer Wettbewerb auch gleichzeitig bessere Qualität?
Nein sicher nicht, die Auslese ist aber viel höher. Es gibt einfach viel mehr Menschen und somit viel mehr kreative Menschen hier. Die Qualität der Kunst hängt aber nicht von der Finanzierung ab. Jeff Kohns, der derzeit im künftigen alten Whitney Museum ausgestellt wird ist ein Kunstsuperstar. Er ist äußerst kreativ aber auch unglaublich trendy. Bei uns hätte seine Kunst wahrscheinlich nicht diesen Stellenwert. Man ist hier einfach offener für Neues und Kreatives - auch der Mainstream.
Der Fokus des Hauses liegt eindeutig auf zeitgenössischer Kunst. Wird es auch einmal eine Ausstellung zur Klassik im ACFNY geben?
Der Beginn der Moderne ist in New York schon stark durch die “Neue Galerie” abgedeckt. Ich bin froh dieses Haus und Klimts "Adele" in der Nachbarschaft zu haben, weil es einfach ein tolles Angebot ist und unser eigenes Haus von der Aufgabe entbindet, diese Epoche auch noch vermitteln zu müssen. Wir wollen uns auf die zeitgenössische Kunst konzentrieren - es soll immer ein zeitgenössischer Bezug und Zugang vorhanden sein. Dabei kann natürlich auf klassisch, österreichische Themen, wie Mozart Bezug genommen werden, aber nur, wenn es zeitgenössisch relevant ist, ein Teil daran muss “heutig” sein. Wir versuchen Neues zu machen.
Was hat es mit dem “Moving Sounds Festival” auf sich?
Ich habe das Festival von meinem Vorgänger Andreas Stadler übernommen. Da schlagen wir die Brücke zu Performance, Visualisierung bis hin zu Lichtprojektionen. In diesem Sinn wird es auch die Umsetzung einer neuen Idee geben: Wir werden das Haus zum erklingen bringen, indem wir dieses architektonisch besondere Gebäude hörbar machen. Wie sich Raum verändert, wenn Besucher hereinkommen oder wenn viele Besucher drinnen sind, dass wollen wir in verschiedene Klänge transformieren. Start wird im September 2015 sein.
Wie schätzten sie die Kunstszene in Österreich ein, auch mit dem Blick von der anderen Seite des Atlantik?
Es gibt so viel Gutes aus Österreich und so viele talentierte Leute in diesem Land - in allen kulturellen Sparten - die muss man nur zum Zug kommen lassen, ihnen eine Bühne bieten. Auch ist die Zuwanderung aus den Balkanländern ein Bereicherung. Kommendes Jahr wird es eine gemeinsame Modenschau mit den Slowaken und Tschechen geben, bei der wir einen österreichisch-türkischen Modemacher präsentieren werden. Neben den Stärken und unserem Reichtum an Kunst, wollen wir auch zeigen das Österreich wieder multikulturell geworden ist. Gerade zwischen Wien und New York finden sich hier ja viele Bezugspunkte, das ist historisch begründet. Wir sind mit Vertriebenen, unter denen sich ja herausragende Persönlichkeiten befunden haben - Nobelpreisträger, Regisseure oder Wissenschaftlern - in Kontakt. Wenn sie bereit sind dem offiziellen Österreich die Hand zu reichen, wollen wir zeigen, dass es viel Gutes in diesem Land gibt und dass das offizielle Österreich recht spät aber doch gezeigt hat, dass wir zu unserer Geschichte und Verantwortung stehen.
Kommen auch viele Österreicher zu Ihnen in die Ausstellungen oder zu Veranstaltungen?
Ja natürlich. Den Stefan Sagmeister dürfen wir ab und an begrüßen - ein großartiger Mensch und ich freue mich sehr, dass er in Interviews immer unser Programm lobt. Unser Ziel ist es aber auch vor allem das New Yorker Publikum ins Haus zu holen und das ist bei dem hiesigen Angebot wirklich taff. Die Preise sind knapp kalkuliert, immerhin handelt es sich um Steuergeld. Demnächst wird uns Sebastian Kurz besuchen, der Minister trifft hier junge österreichische Künstler. Dann haben wir den Hausherrn persönlich im Haus, ich bin ja nur die Hausmeisterin.
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Gibt es auch österreichische Künstler die in New York oder den USA leben und hier ausstellen oder muss der Lebensmittelpunkt der Ausgestellten in Österreich liegen?
Alles ist möglich. Das Gebäude des Architekten Raimund Abraham ist dankbar, weil es ein ganz klares Statement verfolgt - zukunftsorientiert, modern und Top Qualität. Wir haben eine Verpflichtung fürs Programm und sind in alle Richtungen offen.
Gibt es in New York so etwas wie eine österreichische Community, trifft man sich?
Es gibt die österreichische Community hier, aber da es sich nicht um klassische Einwanderer handelt ist sie nicht so eng aufgestellt wie man es aus Little Italy oder Chinatown kennt. Oder die serbischen, russischen und südamerikanischen Communities die sich in Brooklyn gebildet haben. Man ist als westlicher Bürger hier und ist integriert. Ich möchte aber noch drei Lokale erwähnen in denen es österreichische Schmankerln gibt. Da wäre das Cafe Katja - ein sehr feiner Wirt, ich war diese Woche zum Leberkäse essen dort - sowie der Edi Fraueneder und den Kurt Gutenbrunner. Die haben nebeneinander ganz gut Bestand.
Soziale Netzwerke sind in New York omnipräsent - Ihre persönlichen Eindrücke?
Ganz große Herausforderung, darüber sind wir uns bewusst. Im Herbst werden wir uns in diesem Bereich auch neu aufstellen. Wir haben Facebook, wir verwenden Twitter. Ich habe aber den Eindruck, dass alles schon wieder viel weiter ist: Weniger Text, mehr Fotos, mehr Visualisierung von Inhalten. Social Media steht bei uns ganz oben auf der Agenda, weil es wichtig und richtig ist, gerade hier in den Staaten, Amerika ist uns da ein paar weite Schritte voraus. Die Produktion von Ausstellungskatalogen, wie sende ich meine Newsletter aus, wie teile ich das Programm mit, all das wollen wir mehr in Richtung Social Media Kanäle transferieren. Wir haben natürlich noch eine Liste mit älteren Herrschaften, die dann nach wie vor Einladungen oder das Programm auf herkömmlichen Weg bekommen. Obwohl, wie mir immer wieder auffällt, auch die älteren Menschen hier stark Social Media verwenden um sich zu informieren. Unglaublich eigentlich.
Danke für das Gespräch
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