Donnerstag, 13. November 2014

Journi - einmal Silicon Valley und zurück

Das Journi Team ist seit ein paar Wochen zurück aus Kalifornien und darf sich seit gestern über den Content Award in der Kategorie "Beste App" freuen. Den vergangenen Sommer konnte das junge Unternehmen im Rahmen des "Go Silicon Valley" Programmes der WKO im Tech-Himmel schlechthin verbringen. Andreas Röttl ist Gründer sowie CEO der Reiseapplikation. Er spricht über die Zeit in der Bay Area, unternehmerische Kulturunterschiede und welche Ziele es in Zukunft für das junge Startups noch zu erreichen gilt.

©Journi

Für alle die Journi noch nicht kennen, wer steckt eigentlich hinter dieser erfolgreichen iOS App

Andreas Röttl: Journi wurde als GmbH mit einem ersten Pre-Seed Investment im Mai 2014 von Bianca Busetti (Produktdesign), Christian Papauschek (Entwicklung) und mir (Geschäftsführung, Marketing) gegründet. Ende Juni 2014 ging unsere Web und iOS Version online. Das Team arbeitet bereits seit zwei Jahre sehr eng und großartig zusammen.

Habt ihr das Projekt komplett eigenverantwortlich finanziert oder gab es die eine oder andere Förderungen für euer Unternehmen?

Röttl: Das erste Jahr vor dem Investment kam alles aus eigener Tasche und nachdem wir uns keinen Lohn auszahlen, tut es das noch. Förderungen gab es nur von einer Stelle für unseren Auslandsaufenthalt im Rahmen des Export-Schecks. Anfangs hat uns wohl niemand bei den Förderstellen in Wien zugetraut so schnell ein Produkt wie Journi umzusetzen und dann auch noch ein solches Wachstum vorzulegen. In der ersten Jahreshälfte sind wir in Bezug auf Förderungen überall abgelehnt worden. Vor allem das wir auf Wachstum gesetzt haben, anstatt von Beginn an ein Geschäftsmodell zu verfolgen entspricht nicht den Vorstellungen der Fördereinrichtungen. Man benötigt meist einen Businessplan sowie eine Projektplanung für drei Jahre. Nur so läuft es einfach nicht. Nichtsdestotrotz werden wir es im neuen Jahr wieder versuchen.

Trotz der Hürden, habt ihr euch als Startup und Gründer aber in Wien wohl gefühlt?

Wien wird da immer besser und wir fühlen uns natürlich generell in Wien sehr wohl. Man hat im Gegensatz zu San Francisco einen viel besseren Lebensstandard, bekommt wahrscheinlich sogar leichter gut ausgebildete Teammitglieder und hat eine sehr gut vernetzte, kleine Szene in der sich jeder kennt. Es gibt laufend Meetups und die Community wächst stetig. Die Gesellschaft und die Behörden sind aber noch lange nicht da, wo sie eigentlich sein sollten. Es gibt einige ungelöste Probleme, beispielsweise, dass es viel zu wenig Investitionskapital zu schlechten Konditionen gibt. In den USA sind Unternehmen wie wir dreimal so hoch bewertet und tun sich viel leichter Investitionskapital aufzustellen und haben dadurch einen klaren Wettbewerbsvorteil, weil sie mehr Geld haben und nicht schon nach der Investitionsrunde schon wieder nach Geld suchen müssen. Unser System stellt Startups nach wie vor Steine in den Weg. Stichwort: Gründung und Steuern - und so wird es schwierig neue Innovationen erfolgreich umzusetzen.

Um was genau geht es bei Journi? Welchen Mehrwert haben Personen die sich die kostenlose App aufs Smartphone laden?

Journi ist die einfachste Art und Weise seine Reisemomente zu erfassen, zu teilen und jederzeit wieder zu finden. Journi ist sowas wie die neue Generation eines Reisetagebuches. Die Anwender machen Bilder und Notizen auf ihren Trips und Journi erledigt den Rest. Auch offline, also ohne Roaminggebühren befürchten zu müssen. Freunde und Familie werden dann automatisch auf dem Laufendem gehalten und können der Reise in Echtzeit via App, Web oder Email folgen. Am Ende hat man einfach mehr von seiner Reise und eine unvergessliche Erinnerung. Mit der neuesten Version kann man Reisen auf Journi auch gemeinsam erstellen. Mehrere Anwender können über verschiedene Geräte Momente in der selben Reise teilen und haben so alle Fotos und Notizen an einem Ort. Der Austausch nach der Reise wird also überflüssig.

©Journi

Zu welchem Zeitpunkt war der Moment da wo ihr ins Silicon Valley gehen wolltet?

Wir wussten immer, dass wir mit einem Produkt wie Journi unbedingt in das Startup Mekka müssen. Für unsere weitere Entwicklung war der mögliche Zugang zu ähnlichen Startups und deren Gründern, dem Know-How und Investoren Gold wert. Nicht zuletzt auch deshalb weil von Anfang an die USA neben Deutschland die stärkste Anwendergruppe unseres Service stellte.

Wie kann man sich den Bewerbungsprozess für das Silicon Valley Programm der WKO vorstellen?

Die Bewerbung für das Go Silicon Valley Programm ist sehr gut organisiert und einfach aufgebaut. Am Anfang gibt es die schriftliche Bewerbung. Die interessantesten Projekte werden dann zu einigen Workshops und den Austausch mit Alumnis eingeladen, um sich auf das entscheidende Pitching vor einer US-Jury vorzubereiten. Man hat maximal 10 Minuten Zeit um mit seiner Präsentation zu überzeugen. In dieser kurzen Zeit müssen Pitch sowie Fragen und Antworten Platz finden. Die Einteilung bleibt einem selbst überlassen. Bei uns war es ca. drei Minuten Präsentation und der Rest Q&A.

Die meisten Gründer eines Web- oder Tech Unternehmens träumen vom Valley - wie waren eure ersten Eindrücke?

Wir haben die drei Monate hauptsächlich in San Francisco verbracht, wo wir erstmal alle von den niedrigen Temperaturen und dem Nebel geschockt waren. Das war im Valley dann um einiges angenehmer: Sonnenschein und 10 Grad wärmer als in SF. Da die Startup Szene aber vermehrt in San Francisco anzutreffen ist und immer mehr in die Stadt drängen wegen der niedrigeren Preise und kürzeren Wege haben auch wir uns entschieden zu 80% in der Stadt zu sein. Hinzukommt, dass wichtige Vertreter der Travel Scene wie zum Beispiel Airbnb in San Francisco sind und auch die für uns relevanten Meetups dort statt fanden.



©mittelmedia

Welche speziellen Erfahrungen konntet ihr dort sammeln?

Einige! Es ist schwierig jetzt auf alle einzugehen aber wenn ich ein, zwei rausnehmen darf, dann vor allem, dass ein Startup zu gründen und aufzubauen kein Kinderspiel ist. Vor allem ist es harte Arbeit. Nicht, dass wir das nicht schon vorher wussten, aber zu hören, dass es anderen gleich geht ist gut zu wissen. Highflighers wie Airbnb oder DropBox haben Jahre gebraucht um sich durchzusetzen. In den europäischen Medien wird dieses Thema aktuell gerne romantisiert und jeder Studienabsolvent träumt vom eigenen Unternehmen. Aber die ersten 1000 Anwender die dein Produkt regelmäßig nutzen und es lieben kommen nicht von selbst und auch nicht über ein paar Facebook Postings. Wachstum ist zwar keine Rocket-Science aber nicht weniger anstrengenden. Es gibt für ein Consumer Startup wie es unseres ist nicht viele Wachstumsmotoren: SEO, WOM, bezahlte Werbung, Schnittstellen, Widgets, Empfehlungsprogramme. Das Stichwort heißt Trail and Error. Man nimmt Benchmarks her und analysiert welche Maßnahme für das eigene Produkt am besten funktioniert oder natürlich auch welche Kombinationen. Im besten Fall so schnell wie nur möglich, nämlich bevor einem das Geld ausgeht. Und wenn man diesbezüglich nicht ständig dahinter ist und 200% gibt, dann klappt es auch nicht mit dem Startup. Dieser enorme Einsatz verlangt dem ganzen Team sehr viel ab und da sieht man dann sehr schnell wer dafür geeignet ist und ob das Team so funktioniert wie es sein muss. Wenn sechs verschiedene Persönlichkeiten auf 100m2 drei Monate zusammen leben und arbeiten wird es sehr heiß. Diesen Test haben wir aber großartig bestanden.

Wo genau liegen die Unterschiede zwischen dem Silicon Valley und Wien? Was genau macht eigentlich das Valley zum Valley?

Da gibt es zahlreiche Unterschiede, aber die markantesten sind schlichtweg das Netzwerk, die Einstellung und das Investitionskapital. Jede namhafte Firma hat einen Standort dort und die besten Leute auf ihrem Gebiet kommen hier zusammen. Es scheint auf den ersten Blick nichts unmöglich zu sein. Jeder bekommt seine Chance aber auch beinhartes, ehrliches Feedback. Neben dem Gewinnen, ist in den Staaten auch das Scheitern in der Gesellschaft verankert und anerkannt. Ein Netzwerk wie im Valley ist schwer aufzubauen aber mit der richtigen Kultur könnte man auch in Österreich schon mal einen Schritt in die richtige Richtung gehen.

Wie kann man sich das Leben und Arbeiten im Silicon Valley als Außenstehender vorstellen?

Um es ganz einfach auf den Punkt zu bringen: Schneller, mehr Arbeit, viel teurer, weniger Komfort, aber auch unglaublich aufregend und lehrreich. Meistens sind wir sehr früh aufgestanden und nach dem gemeinsamen Frühstück starteten wir in ein mehr als konzentriertes Arbeiten. Mindestens einmal in der Woche gab es Teambesprechungen mit allen Involvierten. Es ging immer darum das weitere Vorgehen, Ziele und die Strategie abzustimmen und alle auf den neuesten Stand zu bringen. Am Abend diverse Meetings. Am Wochenende versuchten wir dann Energie zu tanken und die Freizeit zu genießen. Was selbstverständlich beim Einhalten von Deadlines nicht immer möglich ist.

Ihr seid ja Teilnehmer am "Go Silicon Valley" Programm der WKO gewesen, wie kann man sich den Support durch die Kammer vorstellen? 

Möchte man direkt im Silicon Valley arbeiten bekommt man im Plug and Play Tech Center in Sunnyvale Arbeitsplätze für das ganze Team zur Verfügung gestellt. Dort sind auch zahlreiche andere Startups des Plug and Play Tech Center Accelerator und von anderen internationalen Programmen untergebracht. Am Abend finden immer wieder verschiedenste Meetups statt und es gibt oft kostenlose Snacks. Aktiven Support gibt es aber weder von Seiten der österreichischen Wirtschaftskammer noch von den Plug and Play Verantwortlichen. Wenn man glaubt jemand vom Tech Hub kann helfen, dann am besten persönlich auf diese Person zugehen oder eine Mail schreiben. Dabei hilft es natürlich immer die Verantwortlichen von der WKO in Kopie zu setzen, da die WKO ja den Aufenthalt bei Plug and Play bezahlt. So kann man ein wenig Druck ausüben um auch wirklich eine Antwort zu bekommen. Die Mitarbeiter der WKO selbst sind sehr engagiert und helfen vor allem mit Kontakten, aber auch hier ist Eigeninitiative gefragt. Regelmäßige Updates über den Fortschritt helfen zu zeigen wie engagiert man selbst ist.

Plug and Play Techhub ©mittelmedia

Da ihr seit einigen Wochen wieder zurück in Österreich seid, inwiefern haben euch diese drei Monate in Kalifornien als Unternehmen weitergebracht?

Abgesehen von den Erfahrungen und der eigenen Weiterentwicklung, konnten wir vor allem das Produkt selbst intensivst weiterentwickeln, verbessern und unsere Anwenderzahl auf 20.000 User in einer sehr kurzen Zeit verzwanzigfachen. Darüber hinaus konnten wir Journi vor Ort vielen Investoren, Startups und der Community selbst näher bringen. Zu einem unmittelbaren Investment hat das vor Ort nicht geführt, weil wir in einer noch relativ frühen Entwicklungsphase sind und eine Gründung in den USA nötig gewesen wäre. Aber es hat durchaus zu großem Interesse bei internationalen Venture Capitalists geführt, zum Beispiel für ein Follow-on Funding. Das Highlight unseres Aufenthaltes war sicher die direkte Kontaktaufnahme von "A-Grade Investment" - dem bekannten Fund des Schauspielers Ashton Kutcher und Guy Oseary - die von sich selbst aus an uns herangetreten sind.

Wie wird es mit Journi weitergehen, welche Ziele verfolgt ihr für das kommende Jahr?

Der Fokus für uns liegt klar auf einem ersten Seed Investment. Noch dieses Jahr müssen geeignete Investitionspartner gefunden werden. Nachdem starken Wachstum wollen wir da anschließen wo wir aufgehört haben und Journi auch auf Android und iPad ausrollen und weiter und noch schneller wachsen. Auch zeichnet sich ab, dass Journi das Potential hat über den Bereich Reisen hinaus zu wachsen.

Danke für das Gespräch

Andreas Röttl ist 30 Jahre alt, hat an der WU und HSG St.Gallen Informatik und Betriebswirtschaft studiert. Journi ist mittlerweile sein drittes Unternehmen, dass er mitbegründet hat. Unter anderem war er an Starteurope (Pioneers) beteiligt. Röttl hat in Berlin, Singapore, den USA, der Schweiz und Österreich sowohl im Startup Bereich als auch bei größeren Firmen gearbeitet. Er war für Unternehmen wie Infineon Technologies im Bereich Technology Innovations oder bei A1 für Strategy und Planning tätig.

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